Was ist eigentlich dieses Kaisermühlen? Ein Blick ins Archiv von Norbert Kainc

Kaisermühlen: Jeder kennt es, sehr viele sagen, sie wohnen in Kaisermühlen, fast alle haben damit ja auch recht. Aber welches Kaisermühlen meinen wir damit eigentlich, oder anders gefragt: Über welche Gegend reden wir hier? Sicher denken einige „Was soll die blöde Frage? Na, Kaisermühlen halt!“ Aber so einfach ist es leider nicht. Das merkt man besonders dann, wenn man mit alteingesessenen Kaisermühlnern redet. Und weil Sie in der dbz in Zukunft einiges über Kaisermühlen lesen werden, ist mir wichtig, zu erklären, von welchem Kaisermühlen ich an dieser Stelle eigentlich schreibe. Nein, damit meine ich nicht meine persönliche Definition davon, sondern vielmehr den Schritt in die Vergangenheit – zurück zu den Ursprüngen des Bezirksteils.
Gleich vorweg: Was ich mit Kaisermühlen sicher nicht meine, ist die gleichnamige Katastralgemeinde. Eine Katastralgemeinde ist nichts anderes als eine räumliche Verwaltungseinheit, die im Grundbuch festgelegt ist, aber sicher nichts, was Identität stiftet. In besagter Verwaltungseinheit gehören der Donaupark, die „Platte“ und auch Teile der Donauinsel zu Kaisermühlen, das in dieser Definition erst bei der Donauturmstraße, also an der Grenze zum Bruckhaufen, und somit direkt an der Bezirksgrenze zu Floridsdorf endet.
Kaisermühlen existiert aber schon wesentlich länger als Wien in seiner heutigen Größe und auch länger als der 22. oder 21. Bezirk. Und es hat auch wesentlich früher zu Wien gehört als alle anderen Teile der oben genannten Katastralgemeinde.
Um das zu verstehen, müssen wir noch einen Schritt zurückgehen und uns die Frage stellen: Seit wann gibt es „Kaisermühlen“ eigentlich? Die Gegend lag früher an einer Biegung eines Nebenarmes der Donau – lange vor der Regulierung. Dieser Nebenarm mündete in den damaligen Hauptstrom ein, der in etwa der heutigen Alten Donau entspricht. Auch wenn dieser damals wesentlich breiter war.

Dieser Nebenarm hatte den Namen „Fahnenstangenwasser“ – eine Bezeichnung, die von Fahnenstangen stammt, die weiter stromaufwärts im heutigen zweiten bzw. 20. Bezirk in das Ufer gerammt waren. Diese Stangen dienten dazu, dass Flößer, die Holz nach Wien brachten, erkennen konnten, wo sie anlegen müssen.
Bei Hochwasser wurde viel Material wie Schotter und Kies auch durch das Fahnenstangenwasser transportiert und an der Biegung bei der Einmündung in die Alte Donau angeschwemmt. Der dadurch entstandene Fahnenstangenhaufen war Kaisermühlen. Dazu muss man wissen, dass mit „Haufen“ damals alle Ansammlungen von Schwemmgut bezeichnet wurden. Einige solcher Namen gibt es noch heute – so war das Gänsehäufel früher der „Ganshaufen“.
Die genannte Einmündung lag in etwa dort, wo der schmale Nebenarm des Kaiserwassers (neben dem Schinakl) in die Alte Donau mündet. Aus diesem Grund hatten alle damals dort ansässigen Bewohner als Adresse Fahnenstangen mit der damals üblichen Konskriptionsnummer.

1850, als das Gebiet zwischen Kaiserwasser und Alter Donau eingemeindet wurde, wechselte die Adresse von Fahnenstangen auf Kaisermühlen. Seither gibt es „Kaisermühlen“. Die Bereiche des Franz Josef Landes, also rund um die Eiswerkstraße und Fischerstrand, sowie alle anderen stromaufwärts gelegenen Teile wie der Donaupark, die Platte usw. gehörten noch lange Zeit zu Niederösterreich.
Dementsprechend ist – zumindest für mich – das „echte“ Kaisermühlen das Gebiet zwischen Kaiserwasser, Alter Donau, Donauinsel und Wagramer Straße. Ohne damit irgendjemandem nahetreten zu wollen.
In diesem Gebiet haben sich viele interessante Dinge zugetragen. Und auch viele für die Donaustadt „einzigartige“ Umstände treffen auf Kaisermühlen zu. So ist Kaisermühlen beispielsweise der einzige Stadtteil von Wien, der auf beiden Seiten der Donau gelegen ist, oder der im Lauf der Zeit zu drei Bezirken gehörte. Aber dazu mehr in den kommenden Ausgaben der dbz.