Geregelte Übernahme

Im Juni erfolgte in der ÖVP Donaustadt die Übergabe des Amtes der stellvertretenden Bezirksvorsteherin Gerda Müller (neue Landesgeschäftsführerin des Wiener Seniorenbundes) an ihre Nachfolgerin Michaela Löff. Im September erfolgte nun auch der formale Wechsel. Ein Gespräch über Weitergabe, Ideen und den Weitblick für den Bezirk.

Nach zweieinhalb Jahren übergaben Sie, Frau Müller, wie geplant die Position der stellvertretenden Bezirksvorsteherin an Michaela Löff. Wie fühlt sich das an?

Gerda Müller: Ich bin bei der letzten Wahl gefragt worden, ob ich Spitzenkandidatin sein will mit dem Angebot, das für zweieinhalb Jahre auszuüben. Das ist so umgesetzt worden und nun mit Sommer vorbei. Im Juni folgte die ganz normale Wahl, bei der Michaela Löff mit überwältigender Mehrheit gewählt wurde. Im September gab es dann die formelle Übergabe im Bezirk.

Michaela Löff: Mir ist es wichtig zu sagen, dass es eine wirklich demokratische interne Wahl war. Ich bin keine „Quotenfrau“, sondern hatte einen Gegenkandidaten, und der Vorstand hat sich für jene Person entschieden, von der man der Meinung ist, dass sie die Aufgabe am besten erfüllt.

GM: Die Leistung ist immer das erste Kriterium, das Geschlecht sollte nicht den Ausschlag geben. Michaela Löff ist jemand, der eine sehr große Kommunikationsfähigkeit besitzt und das wird bei den kommenden Aufgaben für den Bezirk sehr helfen.

Blicken wir zurück: Sie stammen beide aus dem 22. Bezirk und kennen ihn daher exzellent. Wie hat sich die Donaustadt in Ihren Augen entwickelt, wo soll man ansetzen?

GM: Ich komme aus Essling und habe die rasche Entwicklung seit dem Kindesalter mitbekommen. Damals ist man am Weg zur Schule noch durch Felder gefahren, heute ist hier alles verbaut. Alles ist mobil geworden, aber mir fehlt, dass die Infrastruktur der Entwicklung nicht nachgekommen ist. Nahversorger oder Bankomaten, das kam alles erst in den 1990ern dazu. Später wurde die Seestadt geplant und umgesetzt, auf die sich alles konzentrierte. Im Bezirk selbst fehlen Kinderärzte, dazu gibt es viele Ärzte, die keine neuen Patienten mehr aufnehmen. Dieses Problem hast du nicht nur entlang der Hauptstraßen, sondern auch in kleineren Gegenden.

ML: Der öffentliche Verkehr ist innerhalb des Bezirks nur unzureichend vorhanden und ein Punkt, wo wir uns weiterentwickeln müssen. Die Verkehrsverbindungen sind auf das Zentrum ausgerichtet, Querverbindungen im Bezirk und nach Floridsdorf sind unzureichend. Auch im Bereich der Stadtplanung: Unsere Gartensiedlungen werden nicht nur rundherum verbaut und versiegelt, auch in den Siedlungen gibt es einen kompletten Wildwuchs mit Bauträger-Projekten – mit nachhaltiger Stadtplanung hat das nichts zu tun. Dadurch geht auch der besondere Charakter der Donaustadt verloren.

Es ist viel hier viel im Entstehen und das sorgt auch für Änderungen, oder?

ML: Ja, aber man muss überlegen, ob die jeweiligen Orte auch wirklich attraktiv sind. Wenn es keine öffentliche Verbindung gibt, wird kein Arzt oder keine Ärztin in die Gegend ziehen. Man ist dadurch in der Donaustadt immer noch auf das Auto angewiesen.

GM: Vom Bezirk heißt es bei Schwierigkeiten oft, „man schaut sich das Ganze an“. Das stimmt zwar, aber es dauert zu lange. In der Donaustadt sind wir etwa nicht genügend auf Ereignisse wie Starkregen oder Überschwemmungen vorbereitet, weil die Kanalisation die Wassermassen nicht mehr fassen kann.

ML: Langsam kommt aber bei den Verantwortlichen das entsprechende Bewusstsein an, die Maßnahmen werden nun auch in Taten umgesetzt.

Was steht für Sie noch auf der Agenda bzw. was geben Sie Ihrer Nachfolgerin mit?

GM: Ein Projekt ist es, eine Resolution einzubringen, um bei diversen Monsterbauten auch eine Verpflichtung für Grünraum zu schaffen. Ein Baum hat das gleiche Recht wie ein Parkplatz, es muss ihn einfach geben. Generell kann Michaela auf ein gutes Fundament setzen: Von Freizeitangeboten über Kultur und Mobilität, da hat sich im Bezirk schon viel getan. Wir haben mit dem Bezirksvorsteher ein gutes Gesprächsklima, da werden unsere Themen angehört, nicht einfach weggewischt – wie etwa vor allem, als es die Hochwasser-Situation gab. Aber: Wenn alles gut ist, gibt es Stillstand. Darum schauen wir, wo wir was verbessern können.

ML: Früher hat es es diesen Zuzug in die Donaustadt nicht gegeben, weil sie nicht attraktiv war: Sie war zu weit vom Zentrum entfernt, es gab nur wenige Schulen und Kindergärten und wenig öffentliche Anbindungen, und wohnen im Grünen war noch nicht „in“. Jetzt müssen wir aufpassen, dass wir durch das explosionsartige Wachstum des Bezirks nicht auch wieder unsere Lebensqualität einbüßen.

Was war oder ist Ihr Herzensprojekt im Bezirk?

GM: Wichtig war mir immer, dass der Ausbau der Schulen in Campusform vonstatten gegangen ist und alles gebündelt wird. Bildungsstätten in Campusform und der Ausbau der Öffis samt Verdichtung der Intervalle – hier habe ich viele Anträge eingebracht.

ML: Aufgrund des von der ÖVP gemeinsam mit dem Siedlerverein Aspern-Hausfeld aufgebauten Drucks konnte eine geplante Flächenwidmung noch angepasst werden. Die Anzahl der Wohneinheiten pro Grundstück wurde beschränkt und die geplante Bauklasse II an den Rändern der Siedlung wurde zurückgenommen. Es war uns ein besonderes Anliegen weitere Monsterbauten in der Siedlung zu verhindern und das ist gelungen.

Stichwort Bürgernähe: Die Pandemie, Teuerung und viele andere Sorgen haben uns alle beschäftigt. Wie begegnen Sie den Menschen?

GM: Ich bin viel zu Fuß und mit dem Fahrrad unterwegs und lege Wert auf das persönliche Gespräch – egal ob im Supermarkt oder am Spielplatz. Ich sehe es als „Therapiegespräche“, um da zu sein. Der Drang sich mitzuteilen, ist bei den Menschen weiter vorhanden und sie sind nicht böse, wenn man realistisch sagt, wo die Möglichkeiten liegen. Sie honorieren vielmehr die Bemühungen.

ML: Wir nehmen jedes noch so kleine Anliegen sehr ernst. Achtsames Zuhören und wertschätzendes Eingehen auf die Bedürfnisse der Menschen ist wesentlich für mich. Ich bin seit 2020 Bezirksrätin und sehr häufig bekomme ich Anfragen von Bürgern, deren Anliegen von oben herab und oberflächlich vom Magistrat abgeschmettert wurden und verzweifelt sind. Hier konnte ich oft die notwendige Unterstützung gegeben.

Wie gehen Sie jeweils an die anstehende neue Aufgabe heran?

GM: Mit viel Freude und Motivation. Ältere Menschen stehen im Mittelpunkt, wollen gestalten – in unserer Gesellschaft nehmen sie einen wichtigen Platz ein. Sie sind darüber hinaus ein enormer Wirtschaftsfaktor.

ML: Meine ganze Familie lebt im Bezirk, darum ist es für mich eine wunderschöne Aufgabe und auch ein Grund, weshalb ich mich für diese Position beworben habe. Ich bin sehr dankbar dafür, dass mir die die Menschen und der Bezirk als „Siedlungskind“ sehr viel zurückgeben, seien es die alteingesessenen oder auch die neuen Donaustädter. Ich lade alle ein, sich mit mir gemeinsam daran zu beteiligen, dass unser Bezirk lebenswert bleibt.

GM: Auch von mir gibt es Dankesworte, weil die vielen positiven Erlebnisse und Begegnungen herausragen. Mir ist nichts Negatives oder Beleidigendes widerfahren und das erfüllt mich mit Demut sowie mit Dankbarkeit und Achtung des Amtes gegenüber.