Ein Wohnzimmer voller Bücher

Ein Leben für Bücher. Für die Inhaber der Seeseiten-Buchhandlung, Bettina Wagner und Johannes Kößler, gilt dieses Motto ganz bestimmt.

Helle Holzregale voll mit Büchern, gemütliche Leseecken, die zum Verweilen einladen, ein Café, in dem man in aller Ruhe schmökern, Kaffee trinken und sogar schaukeln kann und ein Kinderbereich, der schon die Kleinsten dazu einlädt, in die Welt der Bücher einzutauchen: Die Seeseiten an der Janis-Joplin-Promenade sind mehr als eine normale Buchhandlung. Sie sind ein zweites Wohnzimmer, in dem man sich auf Anhieb wohlfühlt, und in dem man beim Lesen nicht selten die Zeit vergisst.

Genau acht Jahre ist es her, dass mit den Seeseiten eine Buchhandlung in die Seestadt gezogen ist, die nicht nur Wien weit ihresgleichen sucht. Im Mai 2015 erfüllten sich die zwei Inhaber Bettina Wagner und Johannes Kößler damit ihren großen Traum. Doch warum eröffnet man ausgerechnet an einem Ort, der kaum besiedelt ist, und mehr oder weniger auf einem Feld steht, eine Buchhandlung? Die Antwort darauf hat Bettina Wagner, die ihre Lieblingsbücher regelmäßig im Studio 2 vorstellt: „Ich wollte immer schon eine Buchhandlung besitzen, aber das Problem war der passende Ort dafür. Da ich bei einem großen Verlag arbeite, kenne ich jede Buchhandlung in Österreich persönlich und wusste, eine eigene kann nur funktionieren, wenn sie weit weg vom Schuss ist. Dann trete ich damit niemandem auf die Füße.“ Gesagt, getan. Doch ohne ihren „Arbeitsehemann“ Johannes Kößler, den sie noch aus ihrer Zeit beim ÖBV kennt, wollte sie das Ganze nicht durchziehen. Also verabredete sie sich mit ihm zu einem Treffen, schilderte ihre Idee und nach drei Bier hatte sie ihn so weit: Das Projekt Seeseiten konnte starten!

„Ich wusste, wenn diese Buchhandlung eine Chance haben soll, dann nur, wenn Bettina am Steuer steht. Zwischen uns herrscht eine Atmosphäre, bei der man auch mal heftig diskutieren kann, aber gleichzeitig immer weiß, der andere ist da. Oder anders gesagt: Es funktioniert so gut, weil wir uns nie ein Bett geteilt haben“, lacht Johannes Kößler, der nicht nur in der dbz, sondern auch im ORF wertvolle Buchtipps gibt.   

Neun Monate nach dem lauschigen Abend im Gasthaus erfolgte der Startschuss für die Seeseiten. Von der heutigen Seestadt war damals noch nicht viel zu sehen. Weit und breit gab es nur Baustelle und erst wenige BewohnerInnen. Nicht einmal ein Lebensmittelmarkt war vor Ort. Dennoch stand für Bettina Wagner von Vornherein fest, dass sie und Johannes mit ihrem Baby“ Erfolg haben würden. „Ich hatte vorher mit dem 22. Bezirk nichts am Hut, aber ich wusste, dass hier irgendwann einmal 25.000 Menschen leben und wir ständig wachsen würden. Wie schnell es schlussendlich ging, hat mich selber überrascht.“

Johannes Kößler und Bettina Wagner in ihren Leseschaukeln, die im gemütlichen Café auf die KundInnen warten.

Ein Hauptgrund für die große Beliebtheit der Seeseiten ist die bereits erwähnte Gemütlichkeit, die einen im Inneren der Buchhandlung erwartet und einem das Gefühl gibt, zu Hause zu sein. Nur mit mehr Büchern rundherum. Ein Architekt aus Bad Goisern entwarf die Seeseiten genau nach den Vorstellungen von Kößler und Wagner. Was herauskam, ist ein „zweites Wohnzimmer, das nicht schmuddelig ist, sondern in dem man gern verweilt und auch mal die Zeit vergisst.“ Der zweite Erfolgsfaktor ist die Tatsache, dass man sich für jede/n KundIn ausreichend Zeit nimmt. „Wir wollen hier keine Bestseller verkaufen, sondern herausfinden, mit welchen Büchern die Menschen ihr Leben verschönern, besser machen oder versüßen können“, so Kößler. Und seine Arbeitsehefrau ergänzt: „Zu uns kommen Kinder, die zu unseren Anfangszeiten noch Babys waren. Oder Teenager, die sich vor einigen Jahren noch Kinderbücher bei uns ausgesucht haben. Wir haben zahlreiche StammkundInnen und kennen viele auch beim Namen. Fast wie eine große Familie.“ Und wer es aus irgendeinem Grund nicht persönlich in die Seeseiten schafft, den versorgt das hauseigene Fahrradservice innerhalb des 22. Bezirks gerne mit Lesestoff. Jeweils Dienstag und Samstag wird ausgeliefert.

Auch Bestsellerautor Marc Elsberg war bereits in der Seeseiten Buchhandlung zu Gast.

Doch nicht nur Bücherwürmer aus ganz Wien haben die Seeseiten mittlerweile für sich entdeckt. Auch zahlreiche namhafte AutorInnen sind hier immer wieder zu Gast, um aus ihren Werken vorzulesen. Unter anderem beehrten bereits Renate Welsch, Bernhard Aichner, Erich Schleyer, Heinz Fischer, Armin Thurnher, Dirk Stermann, Manuel Rubey, Marc Elsberg und viele mehr die Buchhandlung in der Seestadt.

Zu guter Letzt muss die Frage einfach sein: Warum sollte man heutzutage eigentlich noch lesen? Die Antwort von Bettina Wagner kommt wie aus der Pistole geschossen: „Lesen bildet, Lesen erweitert den Horizont, Lesen fördert die Fantasie und katapultiert einen in andere Welten. Lesen bereichert einfach ungemein.“ Und Johannes Kößler ergänzt: Lesen ist purer Genuss, der verbindet, wenn man es durchs Vorlesen gemeinsam erlebt. Deshalb sollte man auch nie damit aufhören, seinen Kindern aus Büchern vorzulesen, selbst wenn sie es schon selbst können.“

Der Seeseiten Buchtipp von Bettina Wagner

Going Zero von Anthony McCarten, erschienen im Diogenes Verlag

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Ein rasanter, kurzweiliger Pageturner im wahrsten Sinne des Wortes. Teilweise erschütternd, wie gläsern wir alle sind und was bereits alles möglich ist, um an sämtliche Informationen eines Menschen zu kommen.